Armbrust Weltmeisterschaft 2019 – das Drumherum

Wie schon angekündigt, hatten sich unsere drei Armbrustschützen für die Weltmeisterschaft 2019 qualifiziert. Austragungsort war die russische Stadt Uljanowsk, knapp 800 km östlich von Moskau an der Wolga gelegen. Wie heißt es so schön? „Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.“ Dieser Bericht soll einen Einblick geben, wie unsere Abordnung das Abenteuer Russland erlebt hat und wie sich die Gastgeber präsentiert haben.
Anreise
Am Montag, den 12. August, ging es mit über 160kg Gepäck per Auto ab in Richtung Flughafen Wien. Die Anreise nach Uljanowsk erfolgte per Flugzeug mit einmal umsteigen in Moskau. Bis zuletzt war unklar, ob die Armbrüste, die in manchen Ländern nicht als Sportgeräte, sondern als Waffe gelten, in Moskau durch den Zoll und die Sicherheitskontrolle gebracht werden müssen, oder ob es möglich ist, sie so wie das restliche Gepäck bis zum Zielort durchzuchecken. Eine Zollkontrolle in Moskau wäre sich zeitlich auf keinen Fall ausgegangen, was dazu geführt hätte, dass unsere Sportler ihren Anschlussflug mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht hätten. Einen Tag vor Abflug kam dann die erlösende Meldung: die Armbrüste werden von der Fluggesellschaft Aeroflot mit dem restlichen Gepäck bis Uljanowsk durchgecheckt.
Nach den umständlichen Checks bei der Gepäckaufgabe in Wien konnte die kleine österreichische Abordnung, die heuer aus lediglich 7 Schützen bestand, um 19 Uhr endlich den Flieger Richtung Russland besteigen. Die weitere Anreise verlief dann ganz problemlos und am Dienstag um ca. 4 Uhr in der Früh setzte der Flieger sowohl mit unseren Schützen, als auch sämtlichem Gepäck am Regionalflughafen Uljanowsk auf. Mit an Bord war auch die ungarische Nationalmannschaft. Die Durchsage des Flugkapitäns, dass die Ankommenden knackige 6 Grad Lufttemperatur erwarten, haben im Flugzeug noch alle als Missverständnis abgetan, welches auf das undeutliche Englisch des Kapitäns zurückzuführen sein muss. Nach dem Verlassen des Flugzeugs war dann klar: das war kein Missverständnis, das war das Wetter, welches die Schützen in den nächsten Tagen erwarten wird.
Am Gepäckband zeigte sich dann auch schnell, dass sämtliche Gepäckstücke den Weg nach Uljanowsk gefunden hatten. Keine Selbstverständlichkeit, kamen beispielsweise einzelne Koffer der Deutschen Schützen erst nach einigen Tagen an.
Wolga Cup, Training, Eröffnungsfeier
Nach der Ankunft am Flughafen ging es sofort ins Hotel, wo sich gerade einmal 3 Stunden Schlaf ausgingen. Danach mussten die Schützen schon weiter zum Veranstaltungsort, da für den Dienstag der Wolga Cup, ein Mixed-Bewerb mit der 10m Armbrust, angesetzt war. Die Österreichischen Schützen hatten sich entschlossen, an diesem optionalen Bewerb teilzunehmen, da er eine gute Gelegenheit bot, sich auf die Bedingungen in der 10m-Halle einzustellen. Der erste Durchgang wurde schon um 11 Uhr gestartet, zuvor mussten alle Starter noch zur Ausrüstungskontrolle.
Am Mittwoch war dann das offizielle Training angesetzt. Die einzige Möglichkeit für die Schützen, sich auf die Bedingungen einzustellen, was gerade über 30 Meter ganz wichtig ist. Außerhalb dieser Zeit darf auf den Ständen nicht trainiert werden.
Am Abend fand dann die traditionelle Eröffnungsfeier auf dem Paradeplatz von Uljanowsk statt. Wie in Russland üblich, wurde diese Veranstaltung dazu genutzt, vor dem Einmarsch der Nationen verdienten Militärs die diversesten Auszeichnungen zu verleihen. Umrahmt wurde das von militärischen Musikeinlagen. Auf einer riesigen Leinwand wurden dazu abwechselnd Propaganda-Filme mit militärischen Aktionen und Bilder von russischen Militärhelden der Vergangenheit gezeigt. Eine Szenerie, die bei sehr vielen Sportlern aus dem Westen zumindest gemischte Gefühle hervorgerufen hat.
Anschließend erfolgte dann die Vorstellung und der Einmarsch der einzelnen Nationen, wobei Österreich als das Land vorgestellt wurde, in welchem jedes Jahr „der größte internationale Armbrust-Bewerb, das Austria Open“ stattfindet. Eine ganz klare Anerkennung der vom TLSB schon seit 10 Jahren durchgeführten Veranstaltung.
Land und Leute
Uljanowsk, die Geburtsstadt Lenins, hat immerhin knapp über 600.000 Einwohner. Trotzdem hat man nie den Eindruck, in einer Großstadt zu sein. Das Stadtbild ist von großen Gegensätzen geprägt. Straßenzüge mit sehr alten und extrem herunter gekommenen Plattenbauten wechseln sich mit Stadtteilen voller liebevoll und wunderschön restaurierten Backsteinbauten ab. Auffallend: die Grundstücke, auf welchen diese Häuser stehen, sind allesamt mit massiven Mauern und Einfahrtstoren gesichert. Ein Indiz, dass die Kriminalität nicht zu unterschätzen sein dürfte. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass unsere Sportler in dieser Hinsicht keine Probleme gehabt haben.
Auffallend waren die Gastfreundschaft und Offenheit, welcher die Sportler überall begegnet sind. Obwohl die von den Veranstaltern zur Verfügung gestellten Dolmetscher gleich zu Beginn betonten, dass nur sehr wenige Menschen Englisch sprechen, wurden unsere Schützen sehr häufig von den Menschen vor Ort direkt angesprochen. Dazu muss man sagen, dass Sportler in Russland ein recht hohes Ansehen genießen. Viele Menschen wussten Bescheid, dass eine größere Sportveranstaltung stattfindet. Um die Veranstaltung der Bevölkerung näher zu bringen, haben die Organisatoren über die ganze Stadt verteile 6×3 m große Plakate mit erfolgreichen Armbrustschützen verteilt. An allen großen Plätzen, wichtigen Straßen und Verkehrsknoten waren diese Plakate zu sehen. Der Banner zu diesem Artikel zeigt das Plakat, auf dem unsere Katharina Auer dargestellt war. So ergaben sich mit Unterstützung der Dolmetscher recht interessante und angeregte Gespräche.
Organisation
Die Bewerbe mit der Match-Armbrust fanden auf dem Gelände der technischen Universität statt. Man würde erwarten, dass hier zumindest die technische Ausstattung soweit vorhanden ist, dass die Wettkämpfe optimal abgewickelt werden können und sowohl Sportler als auch Zuseher immer gut informiert sind. Leider weit gefehlt. Die Veranstalter waren nicht einmal in der Lage, die laufenden Zwischenergebnisse aus der Auswertung zu den Schießstätten zu übertragen. Zu Beginn waren nicht einmal die notwendigen Computer und Bildschirme vorhanden, um zumindest ein Mindestmaß an Information zu liefern. Dass es vor Ort keine Möglichkeit gab, auf das Internet zuzugreifen (inzwischen auf allen größeren Schießständen eine Selbstverständlichkeit), hat das Bild abgerundet.
Ein Problem für die Sportler war der Transport zwischen Unterkunft und Schießstätten. Die von den Organisatoren vorgeschlagenen Hotels lagen alle 4-5 km von den Schießstätten entfernt. Normalerweise wird in einem solchen Fall vom Veranstalter ein Shuttle-Service eingerichtet, da nicht alle Schützen zur selben Zeit am Schießstand sein müssen und zwischen den Wettkämpfen oft lange Pausen haben. Pausen, welche die Sportler gerne nützen, um im Hotel ein wenig auszuruhen oder ganz einfach etwas essen. Am Schießstand gab es nämlich keine Möglichkeit, etwas zu essen. Ein Kaffee-Automat mit Snacks war das einzige, was zur Verfügung stand.
Der Shuttle-Service bestand aus einem Bus, welcher am frühen Morgen vom Hotel zum Schießstand und am späten Abend dann wieder retour fuhr. Dazwischen waren die Schützen auf sich alleine gestellt, wobei hier auch wieder die freundlichen Dolmetscher unterstützten. Mit deren Hilfe wurden Uber-Taxis bestellt, mit welchen die Österreichische Delegation auf eigene Kosten zwischen Hotel und Schießstand pendelten.
Am letzten Tag der Weltmeisterschaft luden die Organisatoren alle Sportler in einen direkt an der Wolga gelegenen Urlaubs- und Freizeitpark ein. Dort wurden die diversesten Freizeitaktivitäten angeboten: Bogenschießen, Dart, Beachvolleyball, Wellness, Schwimmen, … Wobei Schwimmen aufgrund des kalten Regenwetters niemand in Anspruch nahm.
Abschlussfeier
Die Abschlussfeier mit Bankett fand in einer Sporthalle statt. Bei der Ankunft wunderten sich die Teilnehmer, dass sich vor den Kassen der Halle schon sehr viele Menschen drängten. Ganz offensichtlich kauften diese Menschen Eintrittskarten für die Abschlussfeier, was sich vorerst niemand erklären konnte. In der Halle dann ein ganz komisches Bild: ein Teil der Halle war abgetrennt und für ein Festbankett gerichtet. Das war der Platz für die Teilnehmer der WM. Im Rest der Halle und auf den Tribünen drängten sich dann Hunderte von Zusehern, die interessiert die ganzen Festreden, Siegerehrungen und das Showprogramm verfolgten.
Nach dem offiziellen Teil wurde dann klar, warum die vielen Zuseher tatsächlich gekommen waren: direkt im Anschluss gab eine anscheinend recht bekannte Rock-Band aus Russland ein fast 2-stündiges Konzert. Genau diese Band war der Grund, warum so viele Zuseher gekommen waren.
Heimreise
Nachdem die Gepäckaufgabe diesmal recht unproblematisch funktionierte, konnte unsere Delegation gemeinsam mit der Deutschen Mannschaft den Flieger nach Moskau besteigen. In Moskau blieben gerade einmal 1 ½ Stunden Zeit, um das Terminal zu wechseln und den Anschlussflug zu erreichen. Währen unsere Schützen in Moskau auf das Boarding warteten, kam die Meldung, dass die Schweizer Mannschaft, welche einige Stunden früher abgereist war, gut in Zürich angekommen sei. Allerdings ohne Armbrüste, welche anscheinen noch in Moskau lagen. Zu dem Zeitpunkt beschlich auch die österreichische Abordnung zum ersten Mal ein ungutes Gefühl.
Nach der Landung in Wien begann dann das Warten auf die Koffer und Taschen. Die ersten Koffer mit den persönlichen Sachen und der Schießbekleidung tauchten dann auch recht rasch auf. Was aber nicht kamen: die Koffer mit den Armbrüsten. Und da war es dann wieder, das ungute Gefühl. Nach mehr als einer Stunde wurde dann der Lost&Found-Schalter kontaktiert. Die Mitarbeiter konnten dann recht rasch nachverfolgen, dass sämtliche Armbrüste der Österreicher und noch zwei weitere Koffer noch in Moskau lagen. Wann die nachgeliefert werden, konnte aber niemand beantworten. Es wurde lediglich zugesagt, dass die einzelnen Koffer dem Eigentümer direkt nach Hause geliefert werden.
Somit mussten unsere drei Schützen die Heimfahrt ohne die teuren Sportgeräte antreten. Die ganze Zeit mit der Frage im Hinterkopf, ob die wohl wirklich kommen werden und in welchem Zustand die dann womöglich sind. Um kurz vor 3 Uhr in der Früh waren unsere Sportler dann endgültig daheim, wobei Marie-Theres und Hans-Hermann schon in der Früh wieder zur Arbeit mussten.
Die Armbrüste wurden dann übrigens schon am nächsten Tag per Flugzeug von Wien nach Innsbruck und von dort mit einem Boten nach Roppen geliefert. Alle 4 Armbrüste waren wohlbehalten, wobei man aber erkennen konnte, dass der Zoll (vermutlich in Moskau) die Koffer geöffnet hatte. Vermutlich war das die Ursache, dass es die Koffer nicht mehr in den Anschlussflug schafften.